Baustoffe können krank machen
Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel oder einfach „nur“ bleierne Müdigkeit? Das kann an den verwendeten Baustoffen liegen. Doch es gibt gesunde Alternativen.
Drei von vier Deutschen legen Wert auf Wohngesundheit. Das belegen aktuelle Umfragen. Doch manch einer holt sich, ohne es zu wollen oder zu wissen, Wohngifte ins Haus. Beispielsweise mit neuen Wandfarben, dem Dämmstoff oder dem schicken Bodenbelag, der ausgewechselt wurde. Nach Angaben des Verbands Privater Bauherren (vpb) können heute allein in Innenräumen rund 8.000 chemische Verbindungen nachgewiesen werden. Viele von ihnen machen den Bewohnern zu schaffen. Vor allem kleine Kinder, chemiesensitive Personen, Allergiker, Senioren, Kranke und Menschen mit geschwächtem Immunsystem leiden, wenn Farben, Baumaterialien oder Möbel Schadstoffe „ausgasen“. Besonders stark ist die Raumluft in neuen und gerade renovierten Gebäuden belastet.
Durch die Wahl der „richtigen“ Baumaterialien können Bauherren und Renovierer die Schadstoffbelastung senken. Ob Dämmung oder Bodenbelag, Farbe oder Verputz – in allen Bereichen gibt es inzwischen natürliche, schadstoffgeprüfte und emissionsarme Alternativen. Und manch alter Baustoffe erlebt eine Renaissance.
Beispiele für wohngesunde Materialien
- Lehmputze bestehen aus den Naturprodukten Ton, Sand und Schluff (Feinsande). Sie sind schadstofffrei und vollständig recycelbar. Außerdem speichern Sie die Raumwärme, regulieren die Luftfeuchtigkeit und tragen so zu einem gesunden Raumklima bei. Design-Lehmputze gibt es auch in verschiedenen Farben. Zusätzliches Streichen oder Tapezieren wird dadurch überflüssig.
- Wie Lehmputze werden auch Lehmfarben aus natürlichen Komponenten wie fein gemahlenen Tonmehlen, Pflanzenstärke und natürlicher Zellulose hergestellt. Sie kommen ohne Lösungsmittel, Konservierungsstoffe und andere gesundheitsschädigende Zusatzstoffe aus. Farbpigmente sorgen für die gewünschte Farbe.
- Bei Putzen und Farben sind Produkte auf Kalkbasis ebenfalls eine gute Wahl. Sie sorgen für einen Feuchtigkeitsausgleich zwischen Innenraum und Wand, können Schadstoffe abbauen und wirken schimmelhemmend.
- Wohngesunde Tapeten sind beispielsweise Raufaser- und Vlies-Raufaser-Tapeten, die überwiegend aus Recyclingfasern hergestellt und mit Holzfasern von Bäumen aus kontrollierter Forstwirtschaft versetzt werden.
- Bei Fußbodenbelägen ist neben den Klassikern Parkett (mehr dazu Der nachhaltige Bodenbelag: Dielen und Parkett) und Kork (mehr dazu Korkböden kommen aus der Natur) ist Linoleum eine gute Wahl. Linoleum, lange verpönt, besteht im Wesentlichen aus Leinöl, Naturharzen, Kork- und Holzmehl, Kalksteinpulver, Farbstoffen und Jutegewebe (mehr dazu Linoleumböden trotzen Belastungen).
Beim Bodenbelag kommt es aber nicht nur auf den Belag selbst an, sondern auch auf andere Bestandteile wie Estrich, Kleber, Spachtelmasse oder Grundierung. Sie können miteinander reagieren und Gerüche und/oder Schadstoffe freisetzen. - Dämmen ist beim Neubau und der Renovierung einer Bestandimmobilie ein Muss. Gute Dämmung spart Energie, sorgt für ein gesundes Wohnklima und hilft, Schimmel zu vermeiden. Es gibt inzwischen zahlreiche natürliche Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, beispielsweise aus Holz, Flachs, Hanf, Stroh, Kork oder Koks. Auch Schafwolle, Recyclingmaterialien wie Altpapier und mineralische Stoffe wie Blähperlit, Perlite, Calciumsilikat, Blähton, Mineralschaum oder Schaumglas eignen sich als wohngesundes Dämmmaterial.
Auf Gütesiegel und Zertifizierungen achten
Die Auswahl ist groß: Viele Hersteller werben mit wohngesunden und natürlichen Materialien – nicht immer zu Recht. Gütesiegel und Zertifizierungen helfen Bauherrn und Modernisierern, die richtigen Baustoffe zu finden.
- So werden die vom Internationalen Verein für zukunftsfähiges Bauen und Wohnen – natureplus e. V. zertifizierten Baustoffe überwiegend aus nachwachsenden oder nachhaltigen Rohstoffen gewonnen, sind garantiert schadstoff- und emissionsarm. Die Natureplus-Datenbank listet alle zertifizierten Produkte und informiert über wesentliche produktspezifische Daten und Prüfergebnisse.
- Das Eco-Institut untersucht Baustoffe und Materialien für die Wohnungseinrichtung auf Schadstoffe, Geruch und Inhaltsstoffe. Die Produkte müssen strenge Grenzwerte erfüllen, besonders emissions- und schadstoffarm sein.
- Die Environmental Product Declaration (EPD) des Instituts Bauen und Umwelt e. V. (IBU) prüft Inhaltsstoffe, Herstellung, Umweltverträglichkeit und Toxikologie von Baustoffen und dokumentiert ihre bauphysikalischen und technischen Eigenschaften.
- Das TÜV-ASG-Siegel beurteilt Baustoffe in Bezug auf ihren Schadstoffgehalt.
- Das IBR-Zerifikat des Instituts für Baubiologie Rosenheim erhalten umweltschonend erzeugte und gesundheitlich unbedenkliche Baustoffe und Produktionsverfahren. Grenzwerte sind dabei die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation.
Bevor man sich also an den Neubau oder die Renovierung der Immobilie macht, sollte man sich der eigenen Gesundheit und der Umwelt zuliebe mit den Baumaterialien beschäftigen.
(Titelfoto: wohngesund-bauen.com)