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Gesund mit heimischen Pflanzen

Die Rückbesinnung auf die Natur liegt im Trend. Warum also nicht die Natur zu Hilfe nehmen, wenn es um die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden geht? Heilkräuter werden dafür seit Menschengedenken genutzt.


Jutta Junge, Hannover


Hält man die Augen offen, begegnen einem – auch im städtischen Umfeld – viele Kräuter und Pflanzen, die sich auf verschiedene Art nutzen lassen. Sebastian Vigl, Autor und Heilpraktiker erklärt, warum insbesondere heute Heilkräuter so wertvoll für uns sind.

Kräuter liegen im Trend – woran liegt das?

Immer mehr Menschen wollen Verantwortung für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden übernehmen. Viele suchen dabei nach natürlichen Methoden und Heilmitteln, die Körper und Geist stärken. Nichts liegt hierfür näher als Heilpflanzen – sie wachsen praktisch direkt vor jeder Haustüre. Zudem gehören sie zu unserer Volksheilkunde, ihre Anwendung hat eine lange Tradition bei uns – und das mit gutem Recht, wie nicht nur die praktische Erfahrung, sondern auch die moderne wissenschaftliche Forschung zeigen.

Wenn ich in der Stadt wohne, habe ich da überhaupt die Chance mich mit Kräutern zu beschäftigen?

Unbedingt, Sie müssen nur den Blick dafür bekommen, dann werden Sie überall Heilpflanzen sehen – mitten in der Stadt! An der Bushaltestelle, am Spielplatz, mitten am Bürgersteig oder dort, wo Sie Ihr Fahrrad oder Auto abstellen. Überall dort wachsen Heilpflanzen. Mit unserem Buch „Gesund mit heimischen Heilpflanzen“ können Sie sie kennenlernen. Sie lernen nicht nur ihren Namen, sondern auch ihre Eigenheiten und Wirkweise.

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Saft aus Holunderbeeren kann bei Nervenschmerzen helfen. (Foto: Hellen Sergeyeva-Fotolia.com)

Was ist das Heilende an Kräutern?

Kräuter können nicht laufen. Sie können daher nicht flüchten, wenn ein Schädling naht. Sie haben Wege gefunden, ihr Umfeld zu beeinflussen. Dafür dienen ihnen die sogenannten sekundären Pflanzeninhaltsstoffe. Mit diesen können sie Schädlinge vertreiben oder Nützlinge anlocken. Mit ätherischen Ölen kann eine Pflanze zum Beispiel Insekten anlocken, die sie für die Bestäubung braucht.

Wie beeinflussen Heilpflanzen unseren Organismus?

Ihre sekundären Pflanzeninhaltsstoffe wirken nicht nur auf den Organismus von Schädlingen und Nützlingen. Sie beeinflussen auch unseren Körper, denn schließlich sind wir sehr nah mit den Tieren verwandt, mit denen die Pflanzen tagtäglich interagieren. Stoffe, die zum Beispiel den Appetit einer Raupe regulieren sollen, können auch bei uns appetithemmend wirken.

Zudem profitieren wir von pflanzlichen Stoffen, die Pflanzen gegen Krankheitserreger wie Bakterien, Viren oder Pilzen bilden.

Lassen sich konkret Beschwerden lindern? Kann man mit Heilpflanzen auch Krankheiten vorbeugen?

Wer zum Beispiel an einer viralen Infektion der oberen Atemwege, zum Beispiel einer Erkältung leidet, kann diese mit Pflanzen behandeln, die reich an antiviralen Inhaltsstoffen sind. Antivirale Heilpflanzen können meist noch mehr – viele wirken entzündungshemmend, schleimlösend, lindern den Hustenreiz oder die Halsschmerzen. Auch diese Effekte können bei einem Infekt der Atemwege hilfreich sein.

Heilpflanzen können auch Erkrankungen vorbeugen. Da wären zum Beispiel die immunstimulierenden Heilpflanzen zu nennen. Mit ihnen können wir zum Beispiel das Risiko senken, in den kalten Monaten eine Erkältung zu bekommen.

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Schafgarbe ist ein Tausendsassa unter den Heilkräutern und wirkt u. a. entspannend. (Foto: behewa-stock.adobe.com)

Schlaflosigkeit ist ein großes Thema unserer hektischen Zeit. Ist dagegen auch ein Kraut gewachsen?

Schlaflosigkeit ist in der Tat ein wichtiges Thema, zusammen mit anderen stressbedingten Beschwerden. Verschiedene Heilpflanzen sind diesbezüglich gut erforscht und konnten ihre Wirkung nicht nur in der Praxis, sondern auch in Studie demonstrieren. Dazu zählt zum Beispiel der Hopfen, den wir im Buch „Gesund mit heimischen Heilpflanzen“ vorstellen. Der Hopfen wirkt schlaffördernd, entspannend, beruhigend und schwach angstlösend – genau das Richtige für unsere hektische Zeit.

Lassen Sie uns ein Pflänzchen aus der Menge der heimischen Pflanzen herausgreifen, das wohl jeder kennt: das Gänseblümchen. Ist das auch ein Heilkraut? Und wie hilft es uns?

Das Gänseblümchen ist eine tolle Heilpflanze, wir können seine Wirkung mit der Ringelblume vergleichen. Wie die Ringelblume wirkt auch das Gänseblümchen wundheilend und beruhigend auf den Hautstoffwechsel. Durch seine speziellen Inhaltsstoffe wirkt es zudem schleimlösend, weswegen wir es in unserem Buch unter anderem bei Husten empfehlen.

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Spitzwegerich, Brennnessel und Gänseblümchen gehören ebenfalls zu den wichtigen Heilkräutern aus der Natur. (Foto: eflstudioart-stock.adobe.com)

Kräuter als Tee zu trinken, kennen die meisten von uns – auch wenn der Teebeutel meistens aus dem Supermarkt stammt. Kann ich mir selbst Kräutermischungen zusammenstellen, die auch noch schmecken?

Schmackhafte Kräutermischungen zusammenstellen ist nicht schwierig – dafür brauchen Sie Übung, ein wenig Erfahrung und vor allem Lust auszuprobieren, was Ihnen schmeckt. Heutzutage werden vielen Teemischungen sogenannten Geschmackskorrigenzien hinzugegeben, das sind Heilpflanzen wie das Süßholz, die der Mischung einen angenehmen Geschmack geben sollen.

Aber bei medizinischen Tees ist ein guter Geschmack Nebensache, im Gegenteil: Medizinische Tees können ruhig mal etwas bitter schmecken, das kann einen großen Teil ihrer Wirkung ausmachen.

Spielen für Sie auch Kräuter in der Küche eine Rolle?

Natürlich, Kräuter werden heute vor allem als Nahrungsergänzung gesehen, als etwas, das man zusätzlich zur täglichen Ernährung einnimmt. Das muss nicht sein. Viele unserer Heilpflanzen sind gleichzeitig tolle Kräuter für die Zubereitung von Speisen. Sie entfalten ihre Wirkung auch, wenn wir sie zum Kochen oder Braten verwenden. Sie können dafür sorgen, dass wir unsere Nahrung besser verdauen und – was heute besonders wichtig ist – sie können dafür sorgen, dass wir die nötige Entspannung finden, um in Ruhe zu essen. Denn das gesündeste Essen ist nicht viel wert, wenn wir es hastig in uns hineinschaufeln. Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Lorbeer, Salbei und Majoran sorgen mit ihrem Geschmack und Geruch dafür, dass sich auch unser Geist dort einfindet, wo unser Körper ist, wenn wir essen: bei Tisch.


(Titelfoto: Alexander Raths-stock.adobe.com)

Übrigens …

Der Echte Lavendel wurde zur Arzneipflanze des Jahres 2020 gewählt. Er ist einer der bekanntesten Lippenblütler und wird seit Jahrhunderten als pflanzliches Arzneimittel zur Beruhigung und Entspannung genutzt.

Heute wird ätherisches Lavendelöl vor allem im psychischen Bereich angewendet. Die beruhigenden, Stress mindernden, Angst lösenden, entspannenden Wirkungen des Lavendelöls stehen im Vordergrund. Ätherisches Lavendelöl hilft  bei Stress, Ängsten, Schlaflosigkeit, Neurasthenie, posttraumatischen Störungen und Panikattacken.

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Lavendel ist nicht nur wunderschön, sondern auch heilsam. (Foto: Christian Pedant-Fotolia.com)