Werkstoff Glas: Was ist machbar?
Glas kann heute (fast) alles: sichern, kühlen, Schatten spenden, vor Brand schützen. Wo und wie Sie Glas in Ihr Leben und Ihre (Wohn-)Welt integrieren und nutzen können, erfahren Sie hier.
Als Stil- und Bauelemente moderner Architektur setzt das Material Glas Akzente, beispielsweise bei eindrucksvollen Glasfassaden an Büro- und Geschäftsgebäuden. Aber nicht nur dort: Auch bei Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie in der Altbausanierung ist dieser Werkstoff ein wesentlicher Bestandteil für fantasievoller Gestaltung.
Glas ist nicht nur dekorativ
Glas bietet eine erstaunliche Funktionsvielfalt und wird für umweltfreundliches, wirtschaftliches und sicheres Bauen in die richtige Form gebracht. Zunächst ist da Sicherheitsglas: Einscheibensicherheitsglas (ESG) und Verbundsicherheitsglas (VSG) sind Spezialisten im Bereich der Unfallverhütung. ESG ist extrem stabil und weist eine hohe Biege-Zug-Festigkeit auf. Damit wird es zum idealen Werkstoff für alle Anwendungen, bei denen Glas mit Beschlägen kombiniert wird, für gläserne Wandverkleidungen sowie Geländer- und Brüstungsverglasungen.
VSG besteht aus mindestens zwei Scheiben, die durch eine hochelastische Folie miteinander verbunden sind. Wird das Glas zerstört, haften die Glassplitter auf der Folie, was vor Verletzungen schützt. Außerdem bleiben solche Glasscheiben aufgrund der sogenannten Resttragfähigkeit als Einheit in ihrer Position. Sie sind daher zwingend in den Bereichen anzuwenden, wo es um die Gefährdung von Personen geht. Darüber hinaus wird VSG auch als einbruchhemmende Verglasung eingesetzt.
Apropos Sicherheit: Glas kann auch in einer schlag- oder durchschusssicheren Variante eingebaut werden – je nach individuellem Sicherheitsbedürfnis. Außerdem wird Glas auch wärme- und schalldämmend für umweltfreundliches, wirtschaftliches und sicheres Bauen in die gewünschte Form gebracht. Je nach Anforderung können auch diverse Eigenschaften miteinander kombiniert werden.
Glas lässt sich inzwischen auch mit einer transparenten Antifingerprint-Beschichtung versehen, um Fingerabdrücke zu vermeiden.
Gläser fürs Interieur
Feuchträume wie Küche und Bad, aber auch ganze Wandsysteme können durch farbig lackiertes Floatglas hochwertig und dauerhaft veredelt werden. Die Lackierung dieser Produkte erfolgt auf der Rückseite des Glases, sodass sie dauerhaft geschützt bleibt. So werden großformatige Glasflächen möglich, auf denen sich kaum Schmutz ablagern kann und die sich leicht reinigen lassen. Antibakterielle Varianten erfüllen erhöhte Hygienevorschriften.
Im Trend liegt auch die Bedruckung von großen Glasflächen mit Farben, Mustern und sogar Fotos. Auch sehr beliebt ist die Laminierung von Schichtstoffen oder Bildern zwischen zwei großflächigen Glasplatten. Sie eignen sich beispielsweise als Ersatz für einen Fliesenspiegel in der Küche, als abwechslungsreiche Front bei Wohn- und Schafzimmerschränken, als individuelle Tischplatte oder als Türen für Vitrinenmöbel im Bad.
Beide Arten sind lichtecht und kratzfest und bestehen in der Regel aus sogenanntem Sicherheitsglas.
Eine Alternative zur glatten Oberfläche ist Glas in Satin-Optik – für fließende Strukturen und besonders sanfte Übergänge. Es eignet sich insbesondere für die großflächige Verkleidung von Wänden, für Türen und Trennwände, denn die satinierte Oberfläche bietet Sichtschutz, minimiert Lichtreflexionen und schafft ein intimes Ambiente. Die Rückseite der Verglasung kann auch farbig lackiert werden.
Klassiker: Sandstrahlen
Sandgestrahltes Glas fasziniert mit seiner satinierten Oberfläche bei Innen- und Außenanwendungen, zum Beispiel in Form von Glastüren, Spiegeln, Tischplatten, aber ebenso als (Balkon-)Brüstungen und Sicht- und Sonnenschutz in Fassaden.
Lichtstrukturglas mit Tiefenwirkung
Noch recht neu ist Lichtstrukturglas: Hier erzeugt das Glas bei der Interaktion mit einer LED-Hintergrundbeleuchtung räumliche Strukturen aus Licht mit einer überraschenden Tiefenwirkung. Es eignet sich für alle Anwendungen, bei denen ein räumlich großzügiges Ambiente geschaffen werden soll, ohne dass große Bautiefen zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus ist unbedingt das sogenannte Fusing zu nennen, ein Verfahren, bei dem verschiedene Glasstücke miteinander verschmolzen werden. Zwar wurden die Grundlagen der Fusing-Technik schon vor 2000 Jahren entwickelt, doch erst heute haben die Glaser die technischen Möglichkeiten, die Verarbeitung zu perfektionieren, sodass man mittlerweile feinste Formen und Strukturen herstellen kann. Anwendung findet diese Technik bei der Herstellung, z. B. von Türverglasungen, Schalen, Kacheln, Seifenschalen, Lampen und Schmuck.
Hier erfahren Sie, was noch mit Glas geht und wie das Leben mit Glas künftig aussehen kann:
- Nachgefragt
- Wo im privaten Haushalt findet Glas heute Verwendung?
- Kurze und knappe Aussage: Überall! Es gibt keinen Bereich, in dem Glas keine Verwendung findet. Im Küchenbereich als Fliesenspiegel durch lackierte Gläser, veredelte Gläser durch Lasertechnik. Im Badbereich als Spiegelflächen beleuchtet unbeleuchtet und in jeglicher Form. Duschkabinen, auch hier die gleiche Möglichkeit der Veredelungstechniken. Vorhandene Wände können mit Glas verkleidet werden.
In den Türenbereichen, ob Schiebetür, Anschlagtüren, Pendeltüren, Automatiktüren oder Falttüranlagen. Auch hier sind alle Veredelungsmöglichkeiten gegeben. Treppengeländer, Brüstungsverglasungen. Trennwände aus Glas die durch elektrische Spannung undurchsichtig werden.
Und dabei kann Glas alles leisten. Vor allem das Gebäude vor Witterungseinflüssen schützen. Daraus entwickelt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten wie Wärmeschutz, Schallschutz, Brandschutz, Sonnenschutz und Sicherheitsverglasungen. Glas lässt sich im begehbaren und betretbaren Bereich verwenden, lässt sich schalten und zur Energiegewinnung nutzen. - Roger Möhle, Geschäftsführer der Glaser-Innung Niedersachsen
Asbest in Fensterkitt
Leider wurde in der Vergangenheit auch Asbest in Kittsorten verarbeitet. In Fensterkitten in geringen Mengen von bis zu 5%, im Gewächshausbau eingesetzten Bitumkitten bis zu 40%. Bei der Bearbeitung von Falzen in der Renovierung ist deshalb Vorsicht geboten. Eine Probe gibt Aufschluss. Dafür benötigt der Handwerker allerdings den kleinen Asbestschein (Sachkundenachweis TRGS 519). Zwischenzeitlich wurde vom Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (BIV) in Zusammenarbeit mit einigen Landesverbänden ein Verfahren entwickelt, mit dem asbesthaltiger Kitt bearbeitet werden kann. Um dieses Verfahren anwenden zu dürfen, ist ebenfalls ein Sachkundenachweis nach TRGS 519 notwendig.
Durch das Asbestverbot 1993 sind alle danach hergestellten Kittsorten asbestfrei.
(Titelfoto: AGC Glass Europe)